Eine Martinskirche aus dem
13. Jahrhundert
Ihe befindet euch in einer der ältesten Kirchen im Kirchenkreis Wittgenstein.
[caption id="attachment_62" align="alignright" width="300"] Evangelische Kirche Anno 1218[/caption]
Diese Kirche wurde von einem unbekannten Baumeister als Martinskirche etwa 1250 erbaut. Als Baumaterial wurden Bruchsteine aus der Umgebung verwendet. Sehr zu beachten ist das auf sechs Säulen ruhende zwölfteilige Gewölbe. Das Gewölbe besteht aus flachen, aufrecht gegeneinander gesteckten Steinen, die sich so gegenseitig halten. Der Schlussstein ist von innen mit einer Rosette ummalt, Hinweis auf Christus, den „Baustein, den die Bauleute verworfen haben“.
Überhaupt finden sich viele Hinweise auf Christus (Zahl zwei für die Zweinaturenlehre, Christus wahrer Mensch und wahrer Gott) und auf die Trinität (Zahl drei für den Dreieinigen Gott) (z.B. die sechs Säulen: 2×3).
Vom Typ her handelt es sich um eine südwestfälische Wandpfeilerhallenkirche. Die dreischiffige Hallenkirche hat ihre architektonischen Vorbilder in Südfrankreich. Im Westfälischen ist die bedeutendste Hallenkirche die Wiesenkirche in Soest.
Schwesterkirchen zur Feudinger Kirche stehen in Raumland, Arfeld, Netphen, Breidenbach und Winterberg. Zu denen, die im 13. Jahrhundert den Bau finanziert haben, gehören nach der Überlieferung die Herren von der Dernburg, vermutlich ein Rittergeschlecht, das eine Burg auf der Anhöhe des heutigen Dernbachs bewohnt haben soll, am Ortsausgang in Richtung Volkholz. Dieses Geschlecht verlor aber bald an Bedeutung. Die Burg verfiel und ist heute nicht mehr zu sehen. Das Geschlecht der Sayn-Wittgenstein stieg im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts auf und gewann an Bedeutung. Die Metropole Feudingen wurde durch Laasphe abgelöst. Bis heute stehen den beiden Häusern Bad Laasphe und Bad Berleburg der Sayn-Wittgenstein Fürsten vor.
Feudingen – die Urpfarrei des Oberen Lahntales
Obwohl wir keine eindeutigen Beweise dafür haben, so ist doch anzunehmen, dass vor dieser Kirche schon eine kleinere Kirche an diesem Ort gestanden hat. Dafür spricht der Standort: Zusammenfluss verschiedener kleinerer Flüsse, hervorgehobener Kirchberg. Und dafür spricht auch die erste urkundliche Erwähnung Feudingens aus dem Jahre 1218, in der als Oberpfarrer Eginolf genannt wird. Anzunehmen ist, dass schon 1218 ein großes Kirchspiel mit etwa 25 Dörfern bestanden hat. Feudingen gilt als Urpfarrei des Oberen Lahntales, während Raumland als Urpfarrei des Edertales anzusehen ist. Vermutlich sind beide Gemeinden in der Zeit der Missionstätigkeit des Bonifatius im 9. Jahrhundert entstanden. Wenn die Pfarrei auch nicht von Bonifatius selbst gegründet wurde, so doch wahrscheinlich von einem seiner Schüler.
Wie die Kirche damals aussah
Die Kirche selbst muss man sich in damaliger Zeit so vorstellen: Der Fußboden war deutlich höher als heute. Der Haupteingang befand sich auf der Turmseite. Im Turm sind noch Reste der Türaufhängung zu sehen.
Es gab keine Emporen, wahrscheinlich auch keine Bänke, höchstens Bänke an den Seitenwänden für ältere und schwächere Gottesdienstteilnehmer. Die Fenster waren deutlich kleiner als heute und mit Rundbogen versehen. Der Hochaltar befand sich im oberen Chorraum in der mittleren Apsis. In den Nebenabsiden und an den Seitenwänden gab es vermutlich Seitenaltäre. Über den Verbleib der Altäre ist uns nichts berichtet. Es gab keine Orgel. Von der ursprünglichen Bemalung sind nur die Rosetten in den vorderen, mittleren Gewölben und die von dort aus bis zu den Pfeilern gezogenen Bänder erhalten. Diese Bemalungen wurden bei der letzten großen Renovierung Anfang der 80er Jahre freigelegt.
Änderungen im Laufe der Jahrhunderte
Am Kirchengebäude selbst wurden im Laufe der Jahrhunderte keine nennenswerten Veränderungen vollzogen. Geändert wurde lediglich die Gestaltung des Innenraums.
Im 15. Jahrhundert wurde die Kirche innen ausgemalt. Aber schon wenige Jahre nach der Einführung der Reformation am 04.11.1555 wurden die Bilder übermalt, da Wittgenstein sich dem reformierten Flügel der Reformation angeschlossen hatte. Erst in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Teile der Gemälde freigelegt, die noch heute zu sehen sind. Allerdings hat der Zahn der Zeit diese Bilder inzwischen fast vollständig zerstört.
Die Bilder, die noch zu sehen sind:
Links: oben Mariä Verkündigung, in der Mitte fünf Apostel, und unten die Messe des Gregor.
Rechts: oben Martin von Tours’ Mantelteilung, unten weitere fünf Apostel. Auf der rechten Stirnseite sind die Apostel Petrus und Paulus zu sehen.
Der gravierendste Eingriff war der Einbau des Gestühls und der Emporen. Zwischen 1673 und 1701 wurden die Holzteile in die Kirche eingebracht (vgl. die Jahreszahlen an Bänken und Balken). Außerdem wurde der Fußboden abgesenkt und die Fenster vergrößert und mit einem Spitzbogen versehen.
Auf der Südseite befindet sich an einer Bank eine Tafel mit Namen und dem Eintrag 1714 MST. Diese Tafel erinnert an einen langanhaltenden Streit in der Gemeinde, bei dem es um die Verteilung der Sitzplätze ging. Man konnte sich lange nicht einigen, wer wo sitzen sollte. Eine Tafel stellt dann einen 1714 erzielten Kompromiss dar. Die genannten Familien einigten sich auf je einen MST = Männerstuhl. Für die großen Bauernfamilien standen grundsätzlich ein Männerstuhl, ein Familienstuhl und ein Gesindestuhl zur Verfügung. Erst etwa 1734 wurde der Streit endgültig beendet und ein Buch angelegt, in dem alle namentlich vergebene Sitzplätze verzeichnet sind. Auf den Emporen saßen lange Zeit die Gemeindeglieder aus den umliegenden Dörfern.
Das Kirchspiel Feudingen heute
Das Kirchspiel umfasst heute nur noch 15 Dörfer. Die letzte Gemeinde, die selbständig wurde, ist die Kirchengemeinde Banfe (1895).
Zur Kirchengemeinde Feudingen gehören neben dem Hauptort die Dörfer Bermershausen, Saßmannshausen, Holzhausen, Heiligenborn, Oberndorf, Rüppershausen, Amtshausen, Steinbach, Rückershausen, Weide, Volkholz, Glashütte, Welschengeheu und Großenbach. Außer der Kirche in Feudingen gibt es zwei Kirchen: Die Oberndorfer Kirche wurde im Jahre 1956 erbaut, die Kirche in Volkholz 1964.
Die Orgel
Die erste Orgel wurde 1705 auf der Empore errichtet. Sie umfasste nur wenige Register, hatte 1 Manual und kein Pedal. Die heutige Orgel verfügt über 2 Manuale, Pedal mit 28 Registern. Die Orgel wurde von der Fa. Noeske, Rothenburg a.d. Fulda in den 80er Jahren erbaut, wobei das barocke Gehäuseprospekt erhalten blieb.
Glockenturm, Glockenstuhl, Glocken und Turmuhr
Der Glockenturm wurde 1816 durch einen Blitzschlag in Brand gesetzt und zerstört. 1821 wurde der Turm wieder erbaut und ein aus Eichenholz gefertigter zweistöckiger Glockenstuhl in den Turm eingebracht.
Die aus dem Mittelalter stammenden Glocken waren beim Brand zerstört worden, die nach dem Brand eingehängten Glocken mussten im ersten Weltkrieg abgegeben werden. 1923 schenkte der damalige Pfarrer Heinrich Huchzermeyer der Gemeinde drei Stahlgussglocken, vom Bochumer Glockenverein gegossen. 1924 wurde eine mechanische Turmuhr eingebaut, die noch heute der Gemeinde sagt, was die Stunde geschlagen hat.
Der Kirchhof
Jahrhundertelang wurden die Toten des Kirchspiels Feudingen auf dem Kirchhof rund um die Kirche begraben. Etwa 40 Jahre brauchte es, um den Kirchhof einmal vollständig zu belegen, danach fing man wieder von vorne an. Nur in den Pestjahren, in denen bis zu 320 Tote zu beklagen waren, hat man auf einem eigens angelegten Pestfriedhof außerhalb des Ortes begraben.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung spürbar an und der Kirchhof reichte nicht mehr aus. Vor etwa 170 Jahren legte man am Hardtchen einen neuen Friedhof an, der bis heute eine würdige Ruhestätte der verstorbenen Feudinger Gemeindeglieder ist. Die meisten Dörfer haben inzwischen eigene Friedhöfe, z.T. auch eigene Friedhofskapellen.
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